Es gibt Entscheider, die sich nicht an dem öden und meist konservativ geprägten Wertetalk (Beispiel: `Leitkultur´) beteiligen, die sich dem Wettbewerb nach dem Maximum an heißer Luft verweigern. Wenn sie aber Werte nicht nutzen um Ziele zu setzen und zu kommunizieren, verzichten sie auf eines der machtvollsten Führungsinstrumente. Und wer nichts mit der gängigen Werteprosa auf dem Hut hat, die Unternehmen unisono von sich geben, der gönnt sich damit den Luxus sich außerhalb der menschlichen Gesellschaft aufzuhalten, was schlicht unmöglich und im Bereich der Wirtschaft definitiv unerwünscht ist – auch die exklusive Geste funktioniert durch Inklusion. Immerhin hat jeder eine Herkunft und damit eine Geschichte und eine Muttersprache, in die die Werte eingeschrieben sind, wenn auch nicht notwendig eine Kultur.
Die Minimalanforderung für Topentscheider besteht darin, die Logik, Bedeutung und Rhetorik der Werte mit den weitreichenden Codes und Strategien, die Gesprächspartner und Konkurrenten benutzen, blitzschnell, klar und deutlich zu durchschauen und somit über das nötige Rüstzeug des kritischen Arguments zu verfügen um sie umgehend verstehen und gegebenenfalls auch entlarven zu können; also: zumindest, bei Bedarf, die heiße Luft des Gegners entweichen zu lassen. Wer dann (aus ethischen(!) Gründen(!)) darauf verzichtet, sie wohldosiert und offensiv anzuwenden, praktiziert eine spezielle Art der Askese, die noch der Analyse harrt.
Fox: Wo bleibt denn da die Moral?
MH: Mit meinen Interventionen, Vorträgen und Leadership-Trainings vermittle ich nicht Moral. Es geht um Wissen. Wissen ist Macht. Wie alles Wissen, ist das Wissen um die Werte objektiv und damit ist es vor Missbrauch nicht geschützt. Das zeigt das Beispiel der Mafia, die sich das Wissen der katholischen Kirche zunutze machte und teilweise kopierte. Aber es nützt dem „User“ die Grenzen von Gebrauch und Missbrauch zu erkennen und zu benennen. Dieses Wissen stützt sich nicht auf die vermeintliche Überlegenheit eines moralischen Gefühls. Wie viele gut gemeinte Gesundheits- und Bildungsprojekte von Firmen entlang der Lieferkette, sind deshalb im Sand verlaufen, weil sie keine geeignete Kommunikations- und Umsetzungsstrategie hatten, die die kulturellen und politischen Rahmenbedingungen und Wertecodes der spezifischen Zielgruppen in den Zielländern berücksichtigte? Prominente und Firmen, die dafür ihre Ressourcen und ihre Namen zur Verfügung stellten, wie kürzlich Gates mit seinem finanziellem Engagement bei AGRA, blamierten sich damit in der wachsamen Öffentlichkeit. Der gute Wille, der von Kant so hoch gelobt wurde, ist am Ende, wie auch das Geld, nicht Alles.
Fox: Ist der gute Wille nun gut oder nicht?
MH: Der gute Wille ist gut und schön. Und wenn er sich einer guten Kommunikationsstrategie bedient, ist er deshalb noch immer gut und schön und erreicht zusätzlich eine größere Wirksamkeit. Im Kontext von Unternehmen, mit einem großen Impact, ist das immer auch eine Frage der Verantwortung gegenüber den Stakeholdern ebenso wie gegenüber den Shareholdern.
Fox: Das ist dann eine Erweiterung des guten Willens?
MH: Exakt. Man könnte auch sagen, dass die Wertestrategie ein Umsetzungsfaktor der Wertepolitik eines Unternehmens ist, oder auch ein Katalysator, der seinen Wirkungsgrad erhöht.
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